Dienstag, 19. November 2013

Rächtsschraipunk

Vor einigen Tagen gab es in SternTV (RTL) wieder einen Bericht zum Thema "Rechtschreibung und der Verfall der deutschen Sprache" oder so ähnlich. Ausschlag gab ein Bericht bzw. ein Mädchen, das seinem Daddy zum Vatertag einen kleinen Brief geschrieben hatte.

Inhaltlich: "Papa, ich hab dich ganz doll lieb!" Papa freut sich sehr.
Äußerlich: "Liba Fata - ales gute zum Fatatak. Ich hab dich lib."

Erst dachte ich, das Kind wäre eine Erstklässlerin, dann aber wurde das Alter des Kindes bekannt gegeben: 10 Jahre, also etwa 4. Klasse. Zu dem Zeitpunkt des Briefschreibens (Mai) war es wohl in der dritten Klasse, vermute ich.

Der Vater (CDU-Politiker, wurde auch extra bei SternTV betont) war entsetzt über die Rechtschreibung. Bin ich auch. Aber eher darüber, warum die Methode "Lesen durch Schreiben" so in den Kakao gezogen wird. Und warum nach dem Lesenlernen nicht konkret von den LehrerInnen auf das Erlernen der richtigen Rechtschreibung Wert gelegt wird...

Durch die "Reichen-Lernmethode" soll das Lesen(lernen) leichter erlernt werden, "mehr" nicht. Mit Hilfe der Anlauttabelle können die Kinder selbständig Texte schreiben und somit ihre Gedanken zu Papier bringen. "Lesen durch Schreiben" ist somit die erste Phase zum Lesen können. Wenn die Buchstaben "sitzen" (und das ist von Kind zu Kind unterschiedlich - die einen kennen die Buchstaben schneller als andere, können schneller die Zeichen/Buchstaben zu Worte zusammenziehen und lernen schneller Lesen als andere), dann kommen die ersten Rechtschreibregeln zum Einsatz: Wann wird der erste Buchstabe eines Wortes groß geschrieben? Was ist ein Verb? Was ein Nomen? Und so weiter, und so fort.

Die Rechtschreibregeln werden somit ab der ersten Klasse nach und nach eingeführt, wie es auch bei "konservativen" Fibellehrgängen vonstatten geht.

Wenn dann ein Drittklässler immer noch "Fata" oder "Fatatak" oder "liba" schreibt, bin ich etwas überrascht, gelinde gesagt. Und frage mich, ob dieser Vatertagsbrief wirklich von einem Drittklässler geschrieben wurde - und nicht schon früher als Erst- oder Zweitklässler... Und warum der Vater (was ist mit der Mutter?) erst in der vierten Klasse da "aufmuckt"!

Mein Kind lernte auch mit der Anlauttabelle und "Lesen durch Schreiben", aber in ihrer Klasse (übrigens eine Schule, an der es nur jahrgangsübergreifende Klassen gibt: 1. - 3. Klasse in einer Gruppe und 4. - 6. Klasse in einer Gruppe) wurde schon kurz nach dem Lesenlernende auf Rechtschreibung geachtet und auch Fehler durch die LehrerInnen kontrolliert bzw. korrigiert.

Übrigens ist die "Reichen-Methode" eh auf sechs "Grundschullernjahre" ausgelegt, da der Rechtschreiblernprozess etwa sechs Jahre dauert. Und wer die SchülerInnen zwei oder drei Jahre "nach Gehör" schreiben lässt, darf sich dann auch nicht wundern, wenn nach dieser Zeit ganz plötzlich Wert auf die richtige Rechtschreibung gelegt wird und Fehler rigoros angezählt werden.

Wer das falsch umsetzt und jetzt "Lesen durch Schreiben" verdammt, sollte sich erstmal noch mit der Methode konkret auseinandersetzen.

Meine Meinung!

Ich selber habe Lesen/Schreiben mit der Fibel gelernt (damals als Schnellste in meiner Klasse/Grundschule, hab sogar noch irgendwo eine Urkunde von meiner Grundschullehrerin). Aber den ersten wirklichen freien Aufsatz schrieb ich erst in der dritten Klasse (das Thema durften wir frei wählen).

Meine Tochter darf seit Anfang an frei schreiben, kleine Geschichten, dazu kleine Bilder malen... Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, und sie hat viele tolle Ideen, die sie begeistert aufschreibt und mir zeigt. Ich korrigiere dann, aber ohne "DAS IST FALSCH" und "DAS IST EIN FEHLER!!!"

Ich bin weder Lehrerin noch Professorin, aber ich lege Wert auf eine gute Rechtschreibung und Grammatik (gerade bei veröffentlichte Erfahrungsberichte wie auf ciao.de und ähnlichen Plattformen, und was ich da manchmal lesen muss, treibt mir die Tränen in die Augen). Tippfehler, Buchstabendreher gibt es natürlich immer mal und bestätigen die Regel. Und sind ohne Gewähr!


2 Kommentare:

  1. Doch, doch, solche Viertklässler auch. Ich habe vor kurzem ein Freundebuch in der Hand gehabt...mit vielen Eintragungen von Viertklässlern und da waren einige dabei, die noch nicht mal ihre Vornamen (es waren mehrere) korrekt schreiben konnten. Und in dieser Schule wurde von Anfang an auch auf Rechtschreibung geachtet (ähnlich wie bei Euch...Lesen durch Schreiben, aber fast von Anfang an wurden Rechtschreibregeln genannt, Fehler in freundlichem Grün korrigiert, aber nicht bewertet). Ich denke mal, ein großes Problem ist, dass viele Kinder heute nicht mehr lesen. Beim Lesen lernt man Rechtschreibung. Ein Wort, das man schon x Mal gesehen hat, kann man irgendwann einfach schreiben.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das stimmt schon. Was hab ich früher an Büchern verschlungen, wie oft war ich mit mehreren Büchern aus der Stadtbibliothek wieder nach Hause gefahren... massenhaft! Lesen ist so immens wichtig...

      Löschen